Wo kommt’s her?

19.06.2017 von Blog No Comment yet

So ein Tag hält eine Menge Meldungen bereit. Wenn man wollte, könnte man die kompletten 24 Stunden damit verbringen, sich zu informieren. Über Politik, Sport, Kunst – oder natürlich auch darüber, wie es Pietro, Sarah und vor allem Alessio gerade geht. Manchmal will man das zwar gar nicht wissen, hat aber trotzdem keine Chance, zu entkommen. Und oft fragt man sich: Woher zum Teufel haben die Reporter die ganzen Informationen immer?

Anhänger der Lügenpresse-These werden antworten: Das meiste wird erfunden. Eine Einschätzung, die wir nicht teilen können. Weder aus unserer Praxis als Journalisten, noch aus unseren Erfahrung als Medienberater. Natürlich wird gerade im Fußball viel spekuliert. Natürlich gibt es auch mal Falschmeldungen. Aber das ist eher die Ausnahme als die Regel. Die meisten Nachrichten basieren auf Recherchen. Dafür gibt es verschiedene Optionen.

Persönliches Gespräch: Eine der besten Quellen ist das direkte Gespräch mit den direkt Beteiligten. Das ist oft möglich, aber nicht immer. Sie bekommen weder Brad Pitt spontan ans Telefon, noch Angela Merkel. Donald Trump auch nicht. Aber das ist auch nicht nötig und ein Sonderfall. Da reicht es, seinem Twitter-Kanal zu folgen und über eine stabile Muskulatur der Halswirbelsäule zu verfügen. Sonst droht beim ständigen Kopfschütteln ein Schleudertrauma.

Pressegespräch: Bleiben wir beim Beispiel Brad Pitt. Den bekommen Sie zwar nicht ans Telefon – aber wenn er einen neuen Film gedreht hat, hat er trotzdem ein Interesse daran, mit Journalisten zu sprechen. Das passiert häufig im Rahmen von Pressegesprächen. Das heißt: Brad Pitt sitzt in einem Hotelzimmer und davor geht es zu wie in der KFZ-Zulassungsstelle. Man muss zwar keine Nummer ziehen, aber wird hintereinander zur Audienz gebeten. Jedes Medium, das für wichtig erachtet wird, bekommt eine gewisse Zeit für ein Einzelgespräch, meist so um die 20 Minuten. Wenn der Tag dann vorbei ist, hat Brad Pitt so viele Interviews gegeben, dass er nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht. Manchmal werden im Vorfeld bestimmte Themengebiete ausgeklammert, über die man mit dem Star nicht reden darf. Das geht vom Liebeslieben bis zur Fructose-Intoleranz.

Pressekonferenz: Immer mal wieder ist das Interesse an Personen/Ereignissen so groß, dass keine Einzelgespräche möglich sind. Dann gibt es Pressekonferenzen mit den Protagonisten. Das kennt man vor allem aus Sport, Wirtschaft und Politik. Vorteil für die Journalisten: Jeder hat die Möglichkeit, dabei zu sein. Nachteil: Es gibt keine exklusiven Inhalte. Was man selbst hat, haben alle anderen Teilnehmer auch.

Informanten: Gerade wenn es um brisante Themen geht, spielen Informanten (die häufig nicht namentlich erwähnt werden wollen) eine große Rolle. Ihre Motive dafür sind unterschiedlicher Natur. Manche wollen helfen, Missstände aufzudecken, andere treibt Rache an. Und einige wenige verkaufen ihr Wissen auch gegen Geld. Zu den Informanten gehören ab und zu auch Lobbyisten. Das können beispielsweise PR-Agenturen sein, die Hintergrundgespräche im Sinne ihrer Auftraggeber führen. Klingt im ersten Moment böse – muss es aber nicht sein. Oftmals erläutern die Spin Doktoren auch einfach Zusammenhänge oder geben pure Informationen weiter. Wir wissen, wovon wir sprechen :-).

Pressemitteilung: Die typische Pressemitteilung spielt im Leben eines Journalisten eine nicht unwesentliche Rolle – und ist Auslöser vieler Meldungen. Ist die Mitteilung schlecht gemacht, treibt sie den Journalisten in den gepflegten Wahnsinn. Weil er sich durch vier Seiten durchkämpfen muss. Und am Ende immer noch nicht so recht weiß, was er damit anfangen soll. Ist sie gut gemacht, stehen alle relevanten Infos und ein paar Zitate der wichtigsten Handelnden drin. Aber ganz egal, wie auch die Qualität ist: Dem Absender geht es darum, sein Anliegen so gut wie möglich aussehen zu lassen. Deshalb sollte eine Pressemitteilung eigentlich der Grundstein für eine unabhängige Recherche sein. Das Problem: Viele Redaktionen wurden so stark verkleinert, dass ihnen schlicht die Zeit dafür fehlt. So landen manche Pressemitteilungen 1:1 im Blatt.

Eigene Beobachtungen: Das eigene Auge ist der beste Zeuge. Reporter geben nicht nur Aussagen wieder, sondern schildern auch persönliche Eindrücke. Diese sagen oft mehr als 1000 Worte.

Internet: Kein Journalist kommt heutzutage ohne das Internet aus. Gerade wenn es um Vorab-Recherchen geht, wird gegoogelt, was das Zeug hält. Auch die Bedeutung der sozialen Netzwerke nimmt rapide zu. Immer mehr Personen des öffentlichen Lebens nutzen Twitter, Facebook oder Instagram, um direkt mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Das kann man natürlich doof finden. Die Augen davor verschließen kann man aber nicht. Schon gar nicht, wenn es sich um den wichtigsten Mann der Welt handelt. Nein, nicht um unseren Kollegen Knappenberger…

Andere Medien: Das Abschreiben liegt dem Menschen in den Genen. Erst in der Schule, später im Medienberuf. Nicht jeder hat die Möglichkeit, mit Cristiano Ronaldo direkt zu sprechen. Deshalb ist es gängige Praxis, seine Aussagen anderen Reportern gegenüber weiter zu verwerten. Sinnvoll wäre es, bei der Auswahl der Interviews auf die Seriosität der Medien zu achten. Die Satireseite Postillon empfiehlt sich dafür weniger als der Spiegel. Und es wäre ein feiner Zug, das zitierte Medium zu erwähnen.

Agenturen: Keine Redaktion dieser Welt kann an allen Orten gleichzeitig sein. Deshalb sind selbst größere Medien auf Nachrichten-Agenturen wie dpa oder AP angewiesen. Sie haben Büros und Mitarbeiter in der ganzen Welt, die über die wichtigen Ereignisse in Wort und Bild berichten – und diese den Medienhäusern gegen eine jährliche Gebühr zur Verfügung stellen.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Und sowieso: Der eine Punkt ist es, über die Dinge zu berichten. Ein anderer, diese einzuordnen. Das ist die Stärke von wirklich gutem Journalismus. Nicht nur über das zu berichten, was ist. Sondern auch über das, was es zu bedeuten hat.

Eine schwere Aufgabe? Ja freilich. Aber wenn es leicht wäre, bräuchte man dafür auch keine Experten.